Page 23 - Waren-Verein Jahresbericht 2020
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„Der Waren-Verein bündelt die Interessen seiner Mitglieder und setzt sich bei den Behörden für die Belange ein. Schon im Entwurfsstadium weisen wir bei Gesetzesentwürfen auf die Herausforderungen bei ihrer praktischen Umsetzung hin.“
Wulf Kaestner
Geschäftsführer, Kruse, Hess & Co. GmbH & Co., Mitglied des Präsidiums und Stellvertretender Vorsitzender AK Bio
Deutscher Alleingang:
Nationale „Mineralölverordnung“
Die sogenannte nationale „Mineralölverordnung“ wurde zuletzt 2017 mit der Wirtschaft diskutiert. Regulierungsgegenstand ist altpapierhaltiges Material im Lebensmittelkontakt und eine „Barrierepflicht“, um einen MOAH-Übergang in Lebensmittel zu verhindern. Hierbei wird also der Bedarfsgegenstand und sein Eintrag betrachtet, nicht die Rückstandsmenge der Kontaminante im Lebensmittel selbst.
Ohne vorherige Ankündigung wurde der Verordnungsentwurf im August 2020 wieder aufgegriffen und bei der EU-Kommission notifiziert, wie es für nationale Gesetzgebungsvorhaben verpflichtend ist. Diese Vorgehensweise stößt bei der deutschen Wirtschaft und den deutschen Verbänden auf Unverständnis. Auch mehrere EU-Staaten
und die EU-Kommission haben sich im Rahmen der Konsultation ablehnend geäußert. Es wird in der deutschen Verordnung kein wirksamer und erforderlicher Beitrag zum Gesundheitsschutz der Verbraucher*innen gesehen.
Für Mineralölkohlenwasserstoffe (MOH)
in Lebensmitteln sind in den meisten
Fällen mehrere Eintragswege gleichzeitig verantwortlich. Dies geht auch aus der Arbeit der
Projektgruppe „MOH-Orientierungswerte“ des Lebensmittelverbandes Deutschland e.V. und
der Länderarbeitsgemeinschaft gesundheitlicher Verbraucherschutz (LAV) hervor. Eine Fokussierung auf einen Eintragsweg macht also keinen Sinn, insbesondere da die Wirtschaft seit etlichen Jahren erhebliche Anstrengungen unternommen hat, MOH-Einträge aus Altpapier-haltigen Pappen auf ein Minimum zu reduzieren. Anlass waren
unter anderem die Funde von MOH-Rückständen
in Schokoladefiguren aus einfachen Papp- Adventskalendern vor rund 10 Jahren. Es wird
sich zeigen, ob sich diese unsinnige nationale Verordnung noch vermeiden lässt. Die Verbände sind auf jeden Fall weiterhin in dieser Richtung aktiv.
MOSH/MOAH wird europäisch: EU-Kommission erteilt neues Mandat an die EFSA
Bisher wird die Diskussion um MOSH/MOAH in der Öffentlichkeit vor allem in Deutschland geführt. Eine Ausnahme ist vielleicht die Säuglingsanfangsnahrung, hiermit hat sich kürzlich auch die EU-Kommission befasst.
Die EFSA wurde jetzt im Herbst 2020 von der EU- Kommission beauftragt
+ das wissenschaftliche Gutachten
zur Gefahrencharakterisierung von Mineralölkohlenwasserstoffen (MOH) zu aktualisieren,
+ eine aktualisierte Expositionsbewertung unter Berücksichtigung neuerer Daten über das Auftreten von MOH in Lebensmitteln vorzulegen.
Beides soll bis zum 31.12.2022 vorliegen und das Gutachten der EFSA aus 2012 aktualisieren.
Die Erteilung des Mandats setzt ein Signal hinsichtlich der Diskussion um die nationale deutsche „Mineralölverordnung“. Die EU-Kommission zeigt damit auf, dass es kein aktuelles wissenschaftliches Bild über Auswirkungen der einzelnen Stoffgruppen auf die menschliche Gesundheit gibt, die unter
MOH zu verstehen sind. Weiterhin liegt bisher keine Auswertung der vorhandenen Daten aus dem EU- Monitoring vor, die Auskunft über das Vorkommen
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